Endlose Steppen im einsamsten und einzigartigsten Nationalpark Georgiens

Der Vashlovani Nationalpark ist einer der faszinierendsten Orte Georgiens. Und vielleicht auf der ganzen Welt. Steppen. Halbwüsten. Blumenteppiche. Alles nur für dich. Denn andere Menschen wirst du hier keine treffen. Vielleicht weil die Offroad-Pisten durch den Park echt heftig sind. Aber auch heftig spaßig!

Camping im Waschlowani Nationalpark (Vashlovani National Park), Georgien


Ein Nationalpark - ganz für uns alleine!

Als wir uns im Visitor Center des Nationalparks in Dedopliszqaro ins Gästebuch eintragen, verstehen wir warum wir hier gerade so übertrieben überschwenglich begrüßt wurden: Seit Wochen sind wir die ersten Besucher. Davor waren ein paar Belgier da. Das ist aber schon eine Weile her. Und davor: noch viel länger gar niemand. Dabei müssten am offiziellen Nationalparkzentrum eigentlich alle Touristen auf dem Weg zum Vashlovani Nationalpark Halt machen. Die Grenze zu Aserbaidschan verläuft nämlich durch den Park. Und um ganz sicher zu gehen, dass hier niemand illegal die Grenze übertritt muss man seinen Pass im Visitor Center vorsichtshalber schon mal vorzeigen. Im Gegenzug gibt's eine Bescheinigung, die man im Park vorzeigen kann. Und tatsächlich kamen wir im Park an einem bewaffneten Grenzposten vorbei, der unsere Dokumente sehen wollte. Je nach dem wie intensiv du den Park erleben willlst, solltest du den Stop im Visitor Center also einplanen, damit es nachher nicht Ärger mit den Behörden gibt. Wenn man eine Nacht im Park bleiben will empfiehlt es sich sowiso einen Stop im Nationalpark Center zu machen: Hier kann man die wenigen Unterkünfte im Park buchen (einfache Bungalows für ca. 40 Lari) oder einen Zeltplatz klar machen (ca. 10 Lari).

 

Theoretisch sollte man sich nach seiner Rückkehr auch wieder abmelden. Ich nehme an, weil der Park so super weitläufig und völlig unübersichtlich ist. Anscheinend haben die Ranger Angst, dass sich die Touristen hier verfahren und wollen deswegen im Notfall wissen wer da noch so in den Weiten des Nationalparks umherirrt. Warum sie im gesamten Park trotzdem keinen einzigen Wegweiser aufstellen? Ist einfach viel abenteuerlicher! (Das ist jetzt meine Theorie, nicht die offizielle Erklärung!)

 

Nachdem wir uns also offiziell als Besucher registriert haben geht es los: Von Dedopliszqaro führt eine Straße hinaus in's Nichts. Die ersten Kilometer führen auf einer staubigen, schlaglöchrigen Straße hinein in den Vashlovani Nationalpark. Wirklich lebensbejahend sehen Flora und Fauna hier nicht aus. Abgesehen von den gigantischen Vogelschwärmen, die von unserem kleinen Auto aus ihrem Versteck in einem Gebüsch am Wegesrand aufgescheucht werden. Zu hunderten fliegen sie in Formation vor und neben uns, bis sie sich schließlich für eine Richtung entscheiden und in irgendeinen anderen Busch verschwinden.

 

Vertrocknetes Gras und staubiger Boden. Sonst gibt es hier nicht viel zu sehen. Außer vielleicht noch den unfreundlichen, widerspenstigen Disteln. Sie sind allgegenwärtig, stehen links und rechts der Straße und strecken ihren spröden Kopf stolz in den Himmel, als wollten sie der Natur zurufen: "Uns kriegst du nicht klein!"

Das klingt jetzt, als wäre das ganz schrecklich. Als wäre diese Landschaft langweilig oder uninteressant. Aber nein, ganz im Gegenteil. Von der ersten Sekunde an zieht mich diese Art des Nichts in seinen Bann: je weiter man in den Nationalpark hineinfährt, desto mehr bekommt man das Gefühl am Ende der Welt angekommen zu sein. Schon nach wenigen Kilometern ist die Zivilisation zumindest gefühlt eine ganze Weltreise entfernt. Denn egal in welche Richtung man schaut: Man ist umgeben von unendlich scheinendem Ödland.

 

Aber dann, ganz plötzlich, weicht das vertrocknete, braun-graue Gestrüpp mit Blumen bewachsenen Hügeln. Grün, Weiß, Rosa, Gelb: Während gerade alles irgendwie noch als braun durchgegangen wäre, liegt uns da auf einmal ein Blumenteppich zu Füßen, der bis an den Horizont reicht. Gestört nur von einem schmalen Fahrweg, der so selten beutzt wird, dass sich das Meer aus Gräsern ihn sich schon fast wieder zurück geholt hat.  Alle hundert Meter müssen wir anhalten, weil ich aussteigen und mit dem Kopf schütteln muss: Ein Anblick, wie ich ihn wirklich noch nie gesehen habe!  

In unserem Reiseführer wird der Vashlovani Nationalpark in ganzen 6 1/2 Sätzen beschrieben. Wirklich. Ich habe gerade noch einmal nachgezählt. Vielleicht weil es hier einfach keine klassischen Unternehmungen gibt. Und weil es deswegen auch so schwierig ist in der Art eines Reiseführers zu schreiben: "Hier solltest du dies und das tun!". Es gibt hier eben keine markierten Wanderwege (auch wenn die Homepage der Nationalparkverwaltung etwas anderes behauptet). Und es gibt auch kein Café mit Aussichtsterasse, in dem es Vashlovani-Schlüsselanhänger zu kaufen gibt. Und auch ich kann dir nicht sagen, wo du unbedingt hinfahren solltest, ich wüsste nicht wie ich unsere Strecke durch den Park rekonstruieren sollte. An jeder Abzweigung muss jeder für sich eine Entscheidung treffen. Welche ist im Prinzip egal. Es gibt kein Ziel. Aber vielleicht ist es genau das, was diesen Ort so einzigartig macht: Das Gefühl, einen Ort entdeckt zu haben, der auf eine gewisse Art und Weise noch unentdeckt ist.


Steppe? Wüste? Oder was jetzt?

Die Faszination des Vashlovani Nationalparks lässt sich einfach schwer in Worte fassen. Ein Grund könnte diese wahnsinnige Vielfalt der Landschaft innerhalb der Parkgrenzen sein. Das ist alleine deswegen schon etwas Besonderes weil der Park mit 250 km² eigentlich überhaupt nicht groß ist.  Wenn man länger durch den Vashlovani fährt und seine unterschiedlichen Regionen entdeckt ist man immer wieder verwirrt. Gerade eben waren noch überall Blumen. Grünes Gras und bunte Blüten soweit das Auge reicht. Und hinter der nächsten Kurve: Wüste. Oder zumindest staubtrockene Halbwüste. Wasserlose Flussbetten durchziehen hier die Landschaft. Sie geben jetzt super Straßen ab. Auch wenn ihr lehmiger Boden von der Hitze aufgeplatzt ist und sich zu schälen scheint.

 

Obwohl wir zwei Tage in diesem Niemandsland verbracht haben wurde uns auch zu keinem Moment langweilig: Zu unterschiedlich präsentierte sich der Park alle paar Kilometer. Dazu das Gefühl der einzige Mensch weit und breit zu sein. 

 

Tatsächlich haben wir in der gesamten Zeit nur ein anderes Auto gesehen. Ein vogelbegeisterter Belgier mit seiner Frau. Sie haben allerdings nur einen Tagesausflug in den Park gemacht. Als wir abends im Zelt lagen, waren wir mit ziemlicher SIcherheit die einzigen Touristen weit und breit. Ein ganzer Park voller völlig unwirklicher Landschaft - ganz für uns alleine!


Knirsch, Quietsch, Krach

Bevor ich jetzt völlig blind vor lauter Begeisterung vorbehaltslos Jedem den Vashlovani empfehle, vielleicht noch eine kleine Warnung: Die Straßen im Nationalpark sind selbst für georgische Verhältnisse extrem anspruchsvoll und fordernd. Auf den Fotos sieht es gar nicht so schlimm aus, ich weiß. Aber das liegt daran, dass ich in den heftigen Momenten die Hände am Lenkrad hatte und nicht an der Kamera. Jetzt ärgere ich mich natürlich. Weil: wie beweise ich jetzt was für ein harter Hund ich bin? Verdammt! Jedenfalls: Nach einem Tag hinterm Steuer im Vashlovani war ich völlig hinüber: Die Strecke erfordert über die gesamte Zeit volle Konzentration. Trotz Schrittgeschwindigkeit. Und auch obwohl die Wahrscheinlichkeit, dass dir im ganzen Park auch nur ein anderes Auto begegnet, echt gering ist. Von sandigen Flussbetten, über felsige Furten und super steile, super schmale, super ausgesetzte Serpentinen - hier kommst du als Offroad-Fan wirklich auf deine Kosten. Genauso wie dein Auto hier an seine Grenzen kommt:   Mannshohe, messerscharfe Disteln haben unserem Lack zugesetzt. Knietiefe Mega-Löcher haben unsere Federgabeln und Achsen bis an die Schmerzgrenze getrieben. Hörbar. Und auch mich hat das Ganze ganz schön fertig gemacht. Deswegen gebe ich hier und jetzt zu: Ich war froh nach zwei Tagen wieder auf einer anständigen Schotterstraße mit Standard-Schlaglöchern fahren zu dürfen. (Würde das Ganze aber jederzeit wieder machen wollen. Ganz dringend sogar!)


Anfahrt:

Das Tor in den Vashlovani Nationalpark ist die Ortschaft Dedopliszqaro. Je nach Verkehr ist man von Tbilisi innerhalb von 3 Stunden hier.

Wie oben erwähnt, müssen sich eigentlich alle Besucher des Nationalparks im offiziellen Vashlovani Visitor Center (Adresse: Baratashvili 5, Dedopliszqaro) anmelden. Unser Navi hatte zugegebener Maßen Probleme die offizielle Adresse zu finden. Der Ort ist aber nicht groß, und wenn du ein paar mal um den Block fährst, und nach einem Gebäude mit vielen Wegweisern im Vorgarten Ausschau hältst, findest du es schon. Alleine wegen der Karte, die es hier gibt, lohnt sich ein Besuch. Ohne die geht gar nix! Schilder gibt es im Park nämlich keine. Außerdem, ACHTUNG: Im Park selbst ist ein Allrad-Fahrzeug ein absolutes Muss! Selbst mit einem anständigen Geländewagen ist das Ganze aber definitiv eine echte Abenteuer-Fahrt und die entlegeneren Gegenden des Vashlovani Nationalparks sind nur über extrem steile und fordernde Abschnitte zu erreichen. Aber wer an sowas Spaß hat, der wird wahrscheinlich nie wieder raus wollen aus dem Park. Mir ging es jedenfalls so!


Unterkunft:

Im Park selbst hat man die Wahl zwischen Bungalows und Zeltplätzen. Bungalows gibt es an zwei, Zeltplätze an drei verschiedenen Stellen über den Vashlovani verteilt. Bungalows kosten um die 40 Lari, Zeltplätze 10 Lari und müssen, so weit ich das verstanden habe im Vorfeld im Visitor Center in Dedopliszqaro bezahlt werden. Vor allem weil gerade in der Nebensaison auch nicht unbedingt jemand vor Ort ist. Bevor du also stundenlang in den Park fährst und dann vor verschlossenen Türen stehst, empfehle ich vorher nachzufragen. Außerdem wichtig: Egal wie man im Park übernachtet, Essen und Trinken gibt es hier keins. Du solltest also genug von Beidem mit in den Park bringen. Hier gibt es keine Einkaufsmöglichkeiten und so weit ich das beurteilen kann auch kein fließend Wasser. Wir haben zwei Mal gezeltet (an Stellen, die auf der Karte aus dem Visitorcenter markiert waren). Beide Male in der Nähe von Rangerstationen. Wild campen ist nicht erlaubt.  



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